Natürliches Fernglas findet Baby-Galaxie auf kosmischem Karussell
22. April 2021
Hast du schon einmal versucht, Vögel zu beobachten? Wenn ein Vogel zu hoch auf einem Baum oder zu weit weg ist, ist es schwer, seine Farbe oder Form klar zu erkennen - und dann braucht man eventuell ein Fernglas, um das kleine Tier zu vergrößern. Denn je weiter ein Objekt von uns entfernt ist, desto schwieriger ist es für uns, es zu sehen.
Astronomen haben die gleiche Herausforderung: Galaxien und Sterne, die sehr weit entfernt sind, erscheinen kleiner und schwächer. Das macht es extrem schwierig, zu sehen, was sich in ihnen befindet. Je weiter wir in den Weltraum schauen, desto mehr "sehen wir in die Vergangenheit", da das Licht selbst Zeit braucht, um uns zu erreichen (selbst wenn es sich mit der unglaublichen Geschwindigkeit von 300.000 km/s bewegt!). Wissenschaftler glauben, dass die meisten der kleinen und schwachen Galaxien zeitlich näher am Urknall entstanden sein könnten.
Einem Team von Forschern ist es gelungen, das Licht einer sehr weit entfernten und kleinen Galaxie mit dem Namen RXCJ0600-z6 zu sehen. Sie wurde geboren, als das Universum noch sehr jung war, fast eine Milliarde Jahre alt (das Universum ist heute 14 Milliarden Jahre alt). Die Wissenschaftler nutzten das Atacama Large Millimeter/submillimeter Array (ALMA), hatten aber auch große Hilfe von einem "natürlichen Fernglas", oder besser gesagt, einem natürlichen Teleskop: dem Gravitationslinseneffekt eines gigantischen Galaxienhaufens namens RXCJ0600-2007.
Dieser Haufen ist so unglaublich massereich (das Tausendbillionenfache der Masse der Sonne, selbst für Astronomen schwer vorstellbar, wie groß er ist!), dass seine starke Schwerkraft die Raumzeit um ihn herum krümmt und das Licht der Objekte hinter ihm wie eine riesige natürliche Linse oder ein Vergrößerungsglas verstärkt (wie in diesem Video).
Dieser Effekt hat dazu beigetragen, das Licht der Baby-Galaxie RXCJ0600-z6 zu verstärken. Da die Galaxie auf den Bildern aufgrund der Gravitationslinse selbst gekrümmt erscheint, nutzten die Astronomen Daten von anderen Teleskopen wie dem Hubble Space Telescope und dem Very Large Telescope, um die tatsächliche Form der Galaxie zu "rekonstruieren" und den Linseneffekt zu beseitigen.
Weißt du, was sie noch gefunden haben? Die betrachtete Galaxie rotiert; fast so als würde sie auf einem Karussell im Vergnügungspark fahren!
Das ist ziemlich merkwürdig, weil Gas in jungen Galaxien nicht in eine bestimmte Richtung strömt - es bewegt sich zufällig, fast wie ein verängstigtes Huhn im Hühnerstall. Dies ist das erste Mal, dass Astronomen die innere Bewegung einer Baby-Galaxie mit so schwachem Licht tatsächlich sehen können.
Die Forscher hoffen, dass ein besseres Verständnis der Funktionsweise dieser Galaxie ihnen wichtige Hinweise auf die Galaxienentwicklung und das frühe Universum geben kann und uns alle dem Urknall einen Schritt näher bringt.
Das Bild zeigt ein Bild des Galaxienhaufens RXCJ0600-2007 (die Gravitationslinse), aufgenommen vom NASA/ESA Hubble Weltraumteleskop, kombiniert mit Gravitationslinsenbildern der entfernten Galaxie RXCJ0600-z6 (die "Babygalaxie").
Bildnachweis: ALMA (ESO/NAOJ/NRAO), Fujimoto et al., NASA/ESA Hubble-Weltraumteleskop